Sunday Delight

Ende der Influencer-Party? Der Fall Chiara Ferragni

Herzlich willkommen bei Sunday Delight! Ich bin Julia Hackober, Journalistin in Berlin, und in diesem Newsletter lassen wir die Woche gemeinsam ausklingen. Heute mit diesen Themen:

Surprise, surprise: Instagram ist eine shady Angelegenheit – wie Chiara Ferragnis Spendenskandal (mal wieder) zeigt. Was das für die Insta-Welt künftig bedeuten könnte

Smalltalk-Repertoire: Warum ein Text über Taylor Swift der “New York Times” einen gigantischen Shitstorm einbrachte und was ein mieser Job mit unseren Körpern anrichten kann

Binge-Alarm mit einer Sport-Doku, einem Buch, das mich komplett gefesselt hat, und einem Youtube-Tipp für zwischendurch

Konsumopfer-Shopping: Dress like Julia Roberts!

Viel Spaß beim Lesen. Und vergesst nicht, den Newsletter an alle weiterzuleiten, die sich auch für die Themen interessieren könnten. Sharing is caring 🙂 ❤️

Brief von Julia

Giphy

Auf Chiara Ferragnis Instagram-Account ist es aktuell ungewöhnlich ruhig. Vielleicht zum ersten Mal seit 2011, als sie ihr allererstes Foto auf Instagram hochlud – ein Schnappschuss aus New York, wo sie damals ihre erste Modewoche besuchte. In den Jahren seither baute Ferragni das wahrscheinlich weltweit größte Influencerinnen-Imperium auf; schon lange setzt sie nicht mehr nur auf Kooperationen mit Marken, sie hat eine eigene Mode- und Beautymarke und mit ihrem Mann, dem Italo-Rapper Fedez, eine Reality-Show auf Amazon Prime. Zudem sitzt sie im Aufsichtsrat der italienischen Tod’s-Gruppe.

Warum also aktuell die Funkstille?

Die 36-Jährige hat mal wieder in Superlativen gehandelt – und einen der größten Influencer-Skandale produziert, die die Insta-Welt in der jüngsten Vergangenheit zu verarbeiten hatte. Es geht um irreführende Werbung: Ferragni wurde von der italienischen Wettbewerbsbehörde zu einer Strafzahlung in Höhe von rund 1,4 Millionen Euro verdonnert, weil sie ihren Fans einen Weihnachtskuchen mit dem Versprechen verkaufte, der Erlös werde zu einer Spende an ein Kinderkrankenhaus in Turin beitragen. Tatsächlich spendete der Kuchenhersteller nur 50.000 Euro im Vorfeld, während Ferragni rund eine Million Euro an dem Kuchen verdient haben soll.

Das war kurz vor Weihnachten. In einem Entschuldigungsvideo nach den Feiertagen sprach Ferragni von einem “Missverständnis” und von “Kommunikationsfehlern”. Sie kündigte eine Spende an das Krankenhaus an – aber auch, dass sie die Strafzahlung wegen unlauteren Wettbewerbs zurück erklagen wolle.

Instagram post by @chiaraferragni

Bei der Öffentlichkeit kam das nur mittelgut an. Erste große Werbepartner sagten sich von Ferragni los, etwa Coca-Cola und die Brillenfirma Safilo. Immerhin 70.000 Accounts haben Ferragni deabonniert. Und Kritiker:innen der Influencer-Kultur jubilieren über die Art von Skandal, auf die man viele Jahre regelrecht gewartet hat – einen Skandal, der nicht nur die moralische Integrität einer Super-Influencerin ganz schön stark ins Wanken bringt, sondern auch mit Zahlen belegt: bloß nicht alles glauben, was man im Internet vorgesetzt bekommt.

Ich frage mich trotzdem, ob Chiara Ferragnis Imperium nun “zerbröselt”, wie die “SZ” schreibt, ob es nicht mehr lange dauert, bis der “Chiara-Effekt” nicht mehr wirkt, wie der “Stern” vermutet. Kennzeichnet der Fall Ferragni wirklich das Ende der scheinbar ewigen Influencer-Party?

Klar ist: Für Ferragni stellt der Spendenbetrug schon mehr als ein “Kommunikationsproblem” dar. Auch, weil der Fall zeigt, wie viel schwerer so ein “Fehler” bei einer “Personal Brand” als bei einem größeren Unternehmen wiegt. Wer eine Marke komplett auf dem Vertrauen in die eigene Person aufbaut, wird auch härter dafür abgestraft, wenn etwas schiefläuft.

Ich könnte mir deshalb vorstellen, dass Influencer:innen ihre Spendenangaben aktuell lieber noch mal schnell checken. Beim Spendenbetrug hört schließlich auch beim gutmütigsten Fan der Spaß auf. Die Argumentation „Menschen machen Fehler“ zieht nicht mehr, wenn man den Social-Media-Vertrauensvorschuss in dieser Art missbraucht – davon kann Fynn Kliemann wahrscheinlich auch ein Lied singen.

Aber: Ich glaube nicht mehr daran, dass die Insta-Bubble eines Tages “platzen” wird, wie Social-Media-Pessimisten das seit Jahren herbeisehnen. Es wird auch nicht der Tag kommen, an dem eine Tippitoppi-Gesetzgebung jeden Werbemurks auf Social Media verhindern wird. Vielleicht noch nicht mal der Tag, an dem sich selbst erwachsene, mündige Menschen konsequent den Psychotricks der Insta-Verkaufe entziehen werden. Nur weil man weiß, dass es Quatsch ist, Zeug zu bestellen, das die Lieblingsinfluencerin gerade bewirbt, heißt das schließlich noch lange nicht, dass man DIE CREME NICHT HABEN WILL.

Chiara Ferragnis Betrugsfall ist im besten Fall eine Warnung vor den Grenzen, die selbst der höchste Höhenflug hat. Doch: Wenn jemand Social-Media-Profi ist und genau weiß, wann und wie man sich nach so einem Skandal für die maximale Schadensbegrenzung zurückmeldet in den sozialen Netzwerken, dann ist es eben eine Über-Influencerin wie Chiara Ferragni.

Mich persönlich interessiert daher weniger, wie viele Werbedeals ihr in den nächsten Wochen flöten gehen (es werden verschmerzbar wenige sein, da bin ich mir sicher); ich bin eher gespannt, wie sie sich aus der Sache herauswinden wird, wie sie mit einer Mischung aus Transparenz, Ignoranz und Entschuldigungsmechanismen bei ihrem Publikum den Vertrauensverlust wiedergutzumachen versuchen wird. Die Krisenkommunikation, die sie wählen wird, dürften sich sämtliche Social-Media-Beratungen abspeichern und bei Bedarf als Blaupause hervorkramen – egal, ob bei Fashion-Skandälchen oder politischen Fehltritten.

Warum ich mir da so sicher bin? Chiara Ferragnis Jumpsuit ihrer eigenen Marke, den sie im Entschuldigungsvideo trägt, ist schon ausverkauft.

Was meint Ihr zu dem Thema – seht Ihr einen echten Knick im Influencer-Game oder wird auch dieser Skandal einfach vorbeiziehen? Schreibt mir wie immer gern, indem Ihr einfach auf diese Mail antwortet!

Smalltalk-Repertoire

Ist Taylor Swift queer? Eine Frage, die komplett übergriffig und überflüssig ist, an der sich die “New York Times” in dieser 20.000 Zeichen langen “Gaylor”-Fan-Theorie dennoch abarbeitete. Das brachte der Zeitung völlig zurecht einen gigantischen Shitstorm ein.

Was mit dem Körper passiert, wenn man seinen Job hasst: Dieser Artikel ist schon älter – aber die drastische Aufzählung körperlicher Beschwerden ist ein guter Reminder im neuen Jahr, dass es nichts bringt, in quälenden Arbeitssituationen zu verbleiben: “your muscles ache, you’re tired all the time, you lose interest in sex”.

“Das Frauenbild im Fernsehen ist unterirdisch”: Immer nur die “Witwe zum Verlieben” geben? Nein, danke! Die Schauspielerinnen Michaela May, Jutta Speidel und Gisela Schneeberger fordern in einem vehementen und humorvollen Interview mit der “SZ” bessere Rollen für alte Frauen.

Kein Smalltalk-Thema, erst recht kein Delight, dafür umso wichtiger: Die Correctiv-Recherche über die Pläne von AfD-Politikern und Neonazis, Millionen Menschen aus Deutschland zu vertreiben, ist diese Woche Pflichtlektüre. Spenden für die Unterstützung weiterer Recherchen könnt Ihr hier.

Binge-Alarm: Was Ihr diese Woche lesen, sehen, hören könnt

📺 Zurück auf dem Rad: In dieser Doku erzählt der frühere Radprofi Jan Ullrich von den Höhen und Tiefen seines Lebens – vom Tour de France-Sieg über Doping mit System bis zu Alkoholabstürzen. An manchen Stellen könnte die Doku kritischer sein, ich fand die vier Folgen trotzdem wirklich bewegend, vor allem, weil Freunde und Weggefährten mit so viel Empathie über Ullrich sprechen.

📚 Achtung, dieses Buch wird euch nachts nicht schlafen lassen, weil ihr euer ganzes Leben in Frage stellen werdet: Nach einem Streit mit ihrem koreanischen Vater muss College-Absolventin Casey im New York der 1990er-Jahre alleine klarkommen – und die richtigen Entscheidungen treffen. Aber welche sind das nur? In “Gratisessen für Millionäre” erzählt Min Jin Lee (die Autorin von “Ein einfaches Leben”!) von Lebensentwürfen zwischen Tradition, gesellschaftlicher Verpflichtung und amerikanischem Traum. Eines der besten Bücher, das ich in den vergangenen Monaten gelesen habe, mit vielen, teils bitteren Wahrheiten über das Leben.

▶️ Schlagjeans und Going-out-Tops: “The OC”-Star Mischa Barton diskutiert in diesem Youtube-Video ihre denkwürdigsten Nullerjahre-Outfits. Dabei fiel mir auf: 2003 sahen einfach alle Teenager gleich beknackt aus, egal, ob Serienstar oder Kleinstadt-Girl. Eigentlich schön, oder?

Und auf der Konsumopfer-Wishlist? Dressing like Julia Roberts

Instagram post by @britishvogue

Fast wie zu “Pretty Woman”-Zeiten: Julia Roberts ist der Cover der aktuellen britischen “Vogue” zu sehen, mit wilden roten Locken ganz wie in ihrer wohl berühmtesten Filmrolle. Im zugehörigen Interview spricht sie über das Lieblingsthema von Frauenzeitschriften – “ageing gracefully” (ich weiß ja nicht, ob das unser aller ultimatives Ziel sein muss, auch noch ELEGANT zu altern, aber gut). Cooler fand ich persönlich das Video, in dem sie über einige ihrer besten Outfits spricht. Weil mir auffiel: Roberts gehört zu den wenigen Hollywood-Stars, bei denen sich der persönliche Stil WIRKLICH durch die Jahrzehnte zieht. Anzüge, Streifen, lässige Basics, und zwischendurch ein richtig elegantes Armani-Kleid – so würde ich Roberts’ Stil zusammenfassen.
Für mich eine Inspiration, die Onlineshops nach den coolsten Fashion Pieces à la Julia zu durchforsten:

Ein sexy Partykleid: Die britische Marke Hunza G legte 2021 das Kleid neu auf, in dem Julia Roberts als Prostituierte Vivien ihren ersten Auftritt in “Pretty Woman” hatte. Gibt’s exakt im Zweiteiler-Look mit Ring am Bauch nicht mehr zu kaufen, aber hier so ähnlich.

Ein Unisex-Anzug: Dieser Anzug von The Row* erinnert mich sehr an das Modell, das Roberts bei den “Golden Globes” 1990 trug. Leider unerschwinglich, eine günstigere Variante gibt’s bei Arket*.

Eine Mom-Jeans* für alle Fälle: Blazer dazu und fertig ist der lässig-glamouröse Flughafen-Look, wie ihn Julia Roberts in den 90ern trug (“damals gab es keine Moderegeln”, sagt sie).

Ein Statement-Rock: Roberts stylte sich in den 90ern für Events selbst und trug gern Vivienne Tam. Die Marke gibt es heute noch. Die Idee, zu einem auffälligen Rock schlichte Oberteile zu kombinieren, mag ich auch – diese Modelle finde ich aktuell gut: Minirock* von & Other Stories; Leoprint in Midilänge* von Ganni (im Sale!); geblümtes Sparziel von Emilia Wickstead.

Ein zeitloses Abendkleid: Zugegeben, wie oft braucht man ein langes Abendkleid im Leben?! Aber: WENN man plötzlich eines benötigt, kann es SEHR nervig werden, noch schnell eines zu organisieren, das kann ich aus eigener Erfahrung berichten. Ich finde, ihr schwarzes Oscar-Kleid von Armani aus dem Jahr 2001 könnte Julia Roberts heute noch genauso tragen. Im Sale habe ich ähnliche Modelle gefunden, die eine Anschaffungsüberlegung wert sein könnten, und die man mit den entsprechenden Accessoires immer wieder anders sty… blabla, wisst ihr selbst! Schwarzes Kleid mit Glitzerpaspelierung* von Galvan London; fließendes Kleid mit weißer Brustpartie von Victoria Beckham*; und noch mal Langarm* von Victoria Beckham.

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